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24 October 2025

Regulierung der Schweizer Energiegrosshandelsmärkte

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Schellenberg Wittmer Ltd

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Am 21. März 2025 hat das Schweizer Parlament den Vorschlag des Bundesrates zur Einführung eines Bundesgesetzes über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (BATE) angenommen.
Switzerland Energy and Natural Resources
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Key Take-aways

  1. Unter dem neuen Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (BATE) werden neue Registrierungs- und Informationspflichten für Marktteilnehmer und Vermittler von Energiegrosshandelsprodukten eingeführt.
  2. Das BATE enthält ein allgemeines Verbot von Insidergeschäften und Marktmissbrauch in Bezug auf Energiegrosshandelsprodukte, das unabhängig von ihrem Status als Effekten gelten wird.
  3. Das BATE stellt einen Paradigmenwechsel dar, weg von einer technischen Regulierung der Energiegrosshandelsmärkte hin zu einer Energiemarktregulierung, welche sich auf Energiegrosshandelsprodukte erstreckt und auch den Handel auf eigene Rechnung erfasst.

1 Einleitung

Am 21. März 2025 hat das Schweizer Parlament den Vorschlag des Bundesrates zur Einführung eines Bundesgesetzes über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (BATE) angenommen. Das BATE übernimmt für den Schweizer Markt gewisse Teile der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarktes (REMIT). Das Datum des Inkrafttretens des BATE steht noch nicht fest.

Für Stromprodukte, die auf EU-Märkten gehandelt werden, müssen Marktteilnehmer bereits heute Meldungen gemäss REMIT der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) einreichen. Dies ist aktuell in der Stromversorgungsverordnung des Bundesrates (StromVV) geregelt. Die Meldungen umfassen bestimmte Transaktionen mit Elektrizitätsgrosshandelsprodukten (z.B. Stromlieferverträge im Grosshandelsmarkt und Derivate mit Strom als Basiswert), Kapazitäten in Anlagen zur Produktion und Übertragung von Strom sowie Insiderinformationen zu Stromprodukten, die unter REMIT veröffentlicht werden müssen.

Das BATE wird (i) diese Meldepflichten auch auf Erdgas und auf Marktteilnehmer, die auf Schweizer Märkten mit Strom- und/oder Erdgasprodukten handeln, ausweiten, (ii) eine Pflicht zur Registrierung bei der ElCom für Marktteilnehmer, die mit Strom- und/oder Erdgasprodukten handeln, einführen, (iii) die Marktteilnehmer zur Veröffentlichung von Insiderinformationen über Energiegrosshandelsprodukte verpflichten, und (iv) Insiderhandel und Marktmissbrauch beim Handel mit Energiegrosshandelsprodukten verbieten.

2 Anwendungsbereich der Finanzmarktgesetze auf Energiegrosshandelsprodukte

2.1 Regulierung des Spot- vs. Derivathandels

Spot-Geschäfte (Kassageschäfte) mit Energiegrosshandelsprodukten unterliegen nicht den Finanzmarktgesetzen. Sie unterscheiden sich von Derivatgeschäften dadurch, dass ihre Abwicklung innerhalb eines Abwicklungszyklus erfolgen muss.

Für Rohwarenderivate gelten teils Ausnahmen von der Regulierung, die sonst für Derivatgeschäfte nach dem Schweizer Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) anwendbar ist. Ausgenommen sind: (1) Rohwarenderivate, die nicht an einem Handelsplatz gehandelt werden (d.h. nicht an einer geregelten Börse, einem multilateralen Handelssystem oder einem organisierten Handelssystem im Sinne des FinfraG), sofern die Geschäfte physisch erfüllt werden müssen, (2) Derivate auf Strom oder Erdgas als Basiswerte, sofern sie physisch erfüllt werden müssen und an einem organisierten Handelssystem im Sinne des FinfraG gehandelt werden (sog. REMIT-Carve-out"), und (3) Derivate, die sich auf Frachtsätze, Inflationsraten, Klimavariablen oder offizielle Wirtschaftsstatistiken beziehen, sofern sie nur im Verzugsfall oder einer vorzeitigen Beendigung bar abgerechnet werden.

Derivate mit Energieprodukten als Basiswert, die nicht in den Anwendungsbereich der obigen Ausnahmen fallen (z.B. wenn sie bar abgerechnet werden können oder der Handel an einer Börse oder in einem multilateralen Handelssystem stattfindet), gelten als Derivate im Sinne des FinfraG und als Finanzinstrumente nach Schweizer Recht. Infolgedessen sind die Vorschriften der Derivateregulierung des FinfraG (z.B. Meldepflichten, Risikominderungspflichten für nicht zentral abgerechnete Geschäfte) zu berücksichtigen. Soweit die Produkte fungibel sind, qualifizieren sie zudem als Effekten im Sinne des Schweizer Rechts und unterliegen damit auch dem Finanzdienstleistungsgesetz.

Da solche Derivate aktuell nicht auf einem Schweizer Handelsplatz gehandelt werden, gelten derzeit jedoch keine Schweizer Insiderhandelsverbots- oder Marktmissbrauchsregeln.

Das BATE bildet für den Schweizer Markt gewisse Teile von REMIT ab.

2.2 Handel auf eigene Rechnung vs. Kundentransaktionen

Soweit der Handel auf eigene Rechnung erfolgt und ein Unternehmen nicht überwiegend im Bereich des Effektenhandels tätig ist, begründet die Handelstätigkeit aus Schweizer Sicht weder Bewilligungs- noch Geldwäschereipflichten (GwG).

Handelt ein Marktteilnehmer jedoch mit Energieprodukten auf Rechnung eines Kunden, können sich folgende zusätzliche Konstellationen ergeben: (i) Die Handelstätigkeit kann den Status eines Finanzintermediärs im geldwäschereirechtlichen Sinne auslösen, soweit sie an einer Börse erfolgt oder ausserbörsliche Geschäfte einschliesst, bei welchen die Produkte einen so hohen Standardisierungsgrad aufweisen, dass sie jederzeit liquidiert werden können; (ii) sofern die Produkte als Effekten im Sinne des schweizerischen Rechts zu qualifizieren sind, führt die Abwicklung solcher Kundengeschäfte für mindestens 20 Kunden, die nicht als institutionelle Anleger mit professioneller Tresorerie einzustufen sind, zu einer Bewilligungspflicht als Wertpapierhaus; und (iii) sofern die relevanten Produkte als Finanzinstrumente zu qualifizieren sind (z.B. bar abgerechnete OTC-Derivate oder jegliche Derivate, die an einer geregelten Börse oder in einem multilateralen Handelssystem gehandelt werden), müssen für sämtliche Kundengeschäfte die Verhaltensregeln des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) einhalten werden.

3 Neue Regeln nach BATE

3.1 Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich

Das BATE wird für folgende Personen gelten: (a) schweizerische und ausländische Marktteilnehmer, die Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen auf Märkten, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen (Teilnehmer am Schweizer Markt); (b) schweizerische Marktteilnehmer, die Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen auf Märkten, die Energiegrosshandelsprodukten im Sinne der EU-Verordnungen betreffen (Teilnehmer am europäischen Markt); und (c) Personen, die gewerbsmässig Transaktionen mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten vermitteln (Vermittler am Schweizer Markt). Der personelle Anwendungsbereich hängt jedoch nicht vom Erreichen bestimmter Schwellenwerte in Bezug auf das Handelsvolumen ab.

3.2 Erfasste Produkte und Transaktionen

Zu den schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten gehören Verträge über die Lieferung oder Verteilung von Strom oder Gas in der Schweiz (Verträge mit Endverbrauchern in der Schweiz sind nur dann eingeschlossen, wenn sie einen erheblichen Einfluss auf die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukte haben), Verträge über den Transport von Strom oder Gas mit einem Bezug zur Schweiz sowie Derivate auf Strom oder Gas, die in der Schweiz produziert, gehandelt oder geliefert werden, bzw. auf den Transport von Strom oder Gas mit einem Bezug zur Schweiz. Soweit das BATE auf EU-Vorschriften verweist, wird der Umfang der erfassten Transaktionen durch Verweis auf REMIT bestimmt (zusammen mit den schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten, die Energiegrosshandelsprodukte).

Der Derivatebegriff ergibt sich dabei nicht aus einem Querverweis auf die Definition von Derivaten im FinfraG. Daher fallen die von der Derivateregulierung des FinfraG ausgenommenen Rohwaren (z.B. physisch abgewickelte Produkte in Bezug auf Strom oder Erdgas, die an einer organisierten Handelsfazilität gehandelt oder anderweitig als OTC-Derivate abgeschlossen werden) in den Anwendungsbereich von BATE, auch wenn sie nicht in den Anwendungsbereich der Derivateregulierung des FinfraG fallen.

Spot-Geschäfte mit Energiegrosshandelsprodukten unterliegen nicht den Finanzmarktgesetzen.

3.3 Pflicht zur Registrierung bei der ElCom

Das BATE enthält eine Reihe von Pflichten für die vom BATE erfassten Unternehmen, darunter die Pflicht zur Registrierung bei der ElCom als Aufsichtsbehörde, die Pflicht, der ElCom die für die Marktaufsicht notwendigen Informationen über Geschäfte und Handelsaufträge mit Energiegrosshandelsprodukten zu liefern und die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen.

3.4 Veröffentlichung von Insiderinformationen

Jeder Teilnehmer am Schweizer Markt muss sämtliche ihm vorliegenden Insiderinformationen betreffend Unternehmen oder Anlagen (a) die im Besitz oder unter der Kontrolle des Marktteilnehmers selbst, seiner Muttergesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens stehen, oder (b) für deren betriebliche Angelegenheiten der Marktteilnehmer selbst oder eine der nach Buchstabe (a) genannten Gesellschaften ganz oder teilweise verantwortlich ist, auf einer von der ElCom zugelassenen Plattform veröffentlichen, sobald sie davon Kenntnis erhalten haben.

Das BATE definiert Insiderinformationen als vertrauliche und präzise Informationen, die direkt oder indirekt schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen und die im Falle ihres Bekanntwerdens geeignet sind, den Preis dieses Produktes wahrscheinlich erheblich zu beeinflussen, insbesondere grundlegende Daten über Anlagen.

3.5 Übermittlung von Informationen an die ElCom

3.5.1 Teilnehmer am Schweizer Markt

Teilnehmer, die am Schweizer Markt mit Energiegrosshandelsprodukten handeln, müssen der ElCom (a) Angaben über Transaktionen und Handelsaufträge mit Energiegrosshandelsprodukten und (b) grundlegende Daten über ihre Anlagen melden.

Soweit es sich bei den Energiegrosshandelsprodukten um Derivate im Sinne der schweizerischen Derivateregulierung handelt, werden solche Geschäfte bereits nach den Regeln des FinfraG an ein Transaktionsregister gemeldet. Für diese Produkte ist keine zusätzliche Meldung an die ElCom im Rahmen des BATE erforderlich.

3.5.2 Marktteilnehmer in der EU

Die Teilnehmer am europäischen Markt müssen der ElCom die Informationen, die sie gemäss EU-Verordnung den EU-Behörden oder den Behörden eines EU-Mitgliedsstaates zu liefern haben, zeitgleich und in identischer Form zur Verfügung stellen.

Damit werden die bisher geltenden Verpflichtungen so erweitert, dass sie künftig auch für Erdgas gelten.

3.5.3 Algorithmischer Handel

Marktteilnehmer in der Schweiz und der EU, die algorithmischen Handel betreiben, müssen dies der ElCom melden. Auf Verlangen der ElCom müssen sie detaillierte Informationen über die Handelsstrategien und ihre Systeme und Risikokontrollen vorlegen.

3.5.4 Ausnahmen

Folgende Informationen müssen der ElCom nicht gemeldet werden: (a) Informationen, die bereits auf einer von der ElCom bewilligten Plattform für Insiderinformationen veröffentlicht wurden, (b) Informationen, die bereits auf einer bei der ACER registrierten und von dieser zugelassenen Transparenzplattform gemäss den EU-Vorschriften veröffentlicht wurden, und Informationen, die der ElCom bereits übermittelt wurden.

3.6 Verbot von Insidergeschäften und Marktmanipulation

In Anlehnung an das Verbot von Insidergeschäften im Effektenhandel verbietet das BATE unter Androhung administrativer und, soweit die Handlungen auf die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils gerichtet sind, strafrechtlicher Sanktionen (a) die Nutzung von Insiderinformationen zum Kauf oder Verkauf von Energiegrosshandelsprodukten auf eigene oder fremde Rechnung, (b) die Weitergabe von Insiderinformationen an eine andere Person im Rahmens der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufs oder der Erfüllung ihrer Aufgaben, und (c) die Nutzung von Insiderinformationen, um einer anderen Person eine Empfehlung abzugeben zum Erwerb oder zur Veräusserung von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten.

Dieses Verbot gilt für natürliche und juristische Personen, die wissen oder wissen müssten, dass es sich um eine Insiderinformation handelt, einschliesslich Personen, die Organe oder Mitglieder eines Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Marktteilnehmers sind, Personen, die aufgrund ihrer Beteiligung am Kapital eines Unternehmens oder aufgrund ihrer Tätigkeit Zugang zu Insiderinformationen haben, sowie Personen, die die Insiderinformation unzulässig erlangt haben. Anders als das Insiderhandelsverbot für den Effektenhandel verstösst auch der Versuch, die Insiderinformation zu nutzen, gegen das Verbot gemäss BATE.

Das Verbot von Insidergeschäften gilt nicht für Swissgrid oder die schweizerische Betreiberin des Gastransportnetzes, soweit die Informationen im Hinblick auf die Gewährleistung eines sicheren und effizienten Stromnetzes verwendet werden.

Das BATE führt auch ein Verbot von Marktmanipulation ein, namentlich die öffentliche Verbreitung falscher oder irreführender Informationen oder das Eingehen von Transaktionen bzw. die Erteilung von Handelsaufträgen für Geschäfte mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten (z.B. Scheingeschäfte), die darauf abzielen, ein falsches oder irreführendes Signal für das Angebot, die Nachfrage oder den Preis solcher Produkte zu geben.

Soweit ein Verstoss gegen das Verbot des Insiderhandels oder Marktmissbrauchs unter dem BATE auch gegen entsprechende Vorschriften das FinfraG verstösst, gehen die Bestimmungen des FinfraG vor.

3.7 Sanktionen

Die ElCom hat folgende verwaltungsrechtliche Aufsichtsinstrumente bei einem Verstoss gegen das BATE: Auskunftsersuchen über die Aktivitäten des Marktteilnehmers, Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes, Erlass einer Feststellungsverfügung und Veröffentlichung derselben durch die ElCom, Einziehung von Gewinnen sowie Verhängen von Berufs- und Tätigkeitsverboten. Bei schwerwiegenden Verstössen können die Sanktionen Bussen von bis zu 15 Prozent des Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres in der Schweiz umfassen. Auch kann ein Verstoss gegen das Verbot von Insidergeschäften oder Marktmanipulation strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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